Haushaltsrede 2023

Veröffentlicht am 19.12.2022 in Stadtratsfraktion
Banknote

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrter Herr Beigeordneter, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Bürgerinnen und Bürger,
wie gerne hätten wir alle zu Ende dieses Jahres 2022 festgestellt, dass wir die Krisenjahre der Pandemie endlich hinter uns lassen können und es deswegen möglich sein wird mit neuer und großer Zuversicht auf die vor uns liegenden Jahre zu blicken. Der 24. Februar dieses Jahres, der Tag des Angriffs Russlands auf die Ukraine, hat diesem Wunschdenken ein jähes Ende gesetzt. Man spricht aktuell gar nicht mehr von einer Krise, sondern es werden Begriffe wie Polykrisen und Multikrisen bemüht, neue Begriffe, die es in der deutschen Sprache eigentlich bisher gar nicht gab. Aber wenn sogar der Städte- und Gemeindetag Baden-Württemberg davon spricht, dass Krisen zum Normalzustand werden und die Gleichzeitigkeit der Krisen Staat und Gesellschaft enorm fordern, muss man wohl davon ausgehen, dass wir auch in der Zukunft mit solchen Situationen zu tun haben werden. Und selbst unser Bürgermeister Oliver Rein hat bei seiner Vorstellung des Haushalts von der Krise als dem neuen Normal gesprochen.
Die Auswirkungen

Die Auswirkungen dieser Entwicklung auf jeden von uns sind groß und auch in keiner Weise kalkulierbar, aber es ist mir an dieser Stelle besonders wichtig daran zu erinnern, dass das durch den russischen Angriffskrieg verursachte Leid und die Not der ukrainischen Bevölkerung eine ganz andere Dimension umfasst als alles, über was hier in Deutschland geklagt wird. Diese Tatsache sollte man bei allen Schwierigkeiten nie aus den Augen verlieren.
Trotzdem ist es, gerade wenn es um den Haushalt einer Gemeinde geht, unerlässlich, sich der wirtschaftlichen Auswirkungen bewusst zu machen. Die Wirtschaft und die öffentlichen Haushalte stehen unter einem gewaltigen Druck. Sei es die mögliche Gasmangelnotlage, eine Inflationsrate, wie wir sie seit 60 Jahren nicht mehr erlebt haben, steigende Finanzierungskosten, die Störungen der Lieferketten, eine vom Sachverständigenrat für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung prognostizierte Rezession für das kommenden Jahr, all das sind wahrhaftig keine Rahmenbedingungen, die einem wirklich zuversichtlich in die nahe Zukunft blicken lassen.
Umso erfreulicher, und damit möchte ich den Bogen zur Situation der Stadt Breisach schlagen, ist es, dass der Haushalt 2023 durchaus auch als Zeichen der Hoffnung verstanden werden kann. In ihm spiegelt sich das von unserem Bürgermeister formulierte Credo, dass die Stadt die Krise als Herausforderung begreift, die engagiert angenommen werden soll. Das sichtbarste Zeichen dafür ist, dass es erstmals gelungen ist, die Abschreibungen zu erwirtschaften. Das ist ein gewichtiges Zeichen für die Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit des uns vorgelegten Haushaltsplans. Auch die geplanten Investitionen zeugen davon, dass die großen Zukunftsaufgaben bei allen gegebenen Unsicherheiten nicht aus den Augen verloren werden.
Ein bedeutender Anteil der Investitionen wird in den Bereich der Schulentwicklung fließen. Das wird von der SPD-Fraktion vollumfänglich begrüßt. Ein Blick auf die mittelfristige

Finanzplanung zeigt ja auch, dass die Investitionen in diesem Bereich den Haushalt in den kommenden Jahren zunehmend bestimmen werden. Auch dazu gibt es keine Alternative, auch wenn wir uns vorstellen können, dass diese Perspektive dem Kämmerer unserer Stadt so manche unruhige Nacht bescheren dürfte.
Insgesamt sollte die Verwaltung im Bereich der Schulentwicklung wo immer möglich auf das Tempo drücken. Dass zeitliche Verzögerungen praktisch untrennbar verbunden sind mit erheblichen Preissteigerungen ist leider ein bedauerlicher Automatismus, der sich sicherlich auch in der näheren Zukunft nicht ändern wird. Dass gerade im Bereich Schulbetrieb aktuell die Planungs- und Realisierungsziele weit auseinandergehen, zeigt die Tatsache, dass von den für den Schulbetrieb in diesem Jahr veranschlagten 5 Millionen Euro aktuell gerade einmal 300.000 Euro abgerufen wurden.
Bleiben wir im Bildungsbereich und werfen einen Blick auf die Situation der Kleinkindbetreuung. Auch dort stehen große Investitionen an, um dem steigenden Bedarf an Betreuungsplätzen zukünftig gerecht werden zu können. Dass im kommenden Haushalt eine Planungsrate von 300.000 Euro für die Errichtung der Kindertagesstätte in der Vaubanstraße eingestellt wird, ist zum einen natürlich erfreulich, zeigt aber auch, dass wir auf die Inbetriebnahme der Kita noch länger warten müssen. Auch hier gilt, dass jeder Monat, der die Einrichtung früher in Betrieb geht, nicht nur das Betreuungsproblem verringert, sondern letztendlich auch Kosten einspart.
Einen etwas zügigeren Fortschritt würden wir uns auch bei der Entwicklung des Baugebiets Vogesenstraße III wünschen. Im März 2019 haben wir einen Impulsvortrag zur weiteren Entwicklung des Baugebietes Vogesenstraße präsentiert bekommen. Dieser Startschusstermin liegt inzwischen fast 4 Jahre zurück. Die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Wohnbaugebiet „Vogesenstraße III“ wurde bereits im April 2017 vom Gemeinderat beschlossen. Schon damals wurde diesem Baugebiet eine hohe Priorität eingeräumt, um den angespannten Wohnungsmarkt zu entlasten. In dieser Frage hat sich in den vergangenen Jahren sicherlich nichts Wesentliches verändert und auch an unserer bereits 2019 im Rahmen unserer Haushaltsrede zum Ausdruck gebrachten Forderung, dass im neuen Bebauungsgebiet besonders Wert auf die Entstehung bezahlbaren Wohnraums gelegt werden soll, bleibt auch im Jahr 2023 als Forderung bestehen. Die SPD-Fraktion vertritt unverändert die feste Überzeugung, dass bezahlbarer Wohnraum ein soziales Grundrecht darstellt. Verwaltung und Gemeinderat müssen deswegen alle Anstrengungen unternehmen, um bei dem für unsere Stadt sehr bedeutenden Baugebiet dieser zentralen sozialen Frage unserer Zeit gerecht werden zu können. Wir hoffen, dass der in dieser Frage gefühlte Schwebezustand im kommenden Jahr endlich beendet werden kann.
In einem gewissen Schwebezustand befinden sich aktuell auch die Beziehungen mit unseren französischen Nachbarn. Das Scheitern des deutsch-französischen Gewerbeparks
vor wenigen Wochen gehörte für uns als SPD-Fraktion zu einer der größten Enttäuschungen in der Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn und Freunden jenseits des Rheines. Denn so euphorisch waren die Hoffnungen, die sicher nicht nur wir mit diesem grenzüberschreitenden Projekt verbunden haben. Auch die Verzögerungen bei den Planungen zur Bahnverbindung Freiburg-Colmar erfüllen uns mit Sorge, gerade auch weil eine weiter ausbleibende konkrete Entscheidung uns als Stadt in vielen verkehrstechnischen Fragen blockiert. Hier wird es im kommenden Jahr darauf ankommen, die guten persönlichen Beziehungen zu nutzen, um neue, erfolgversprechende Perspektiven in der Zusammenarbeit mit unseren elsässischen Freunden zu entwickeln.
Genauso intensiv wird die SPD-Fraktion die aktuell laufenden Bemühungen der Fa. Hermann-Peter-KG unterstützen, um langfristige Abbaumöglichkeiten innerhalb der Grenzen des bestehenden Baggersees zu ermöglichen, und zwar durch das Anlegen eines temporären Verwertungssees. Genauso klar ist aber auch unser Nein zu weiteren Erweiterungen in nordöstlicher Richtung, die den Verlust von zusätzlichen 14 ha Waldfläche auf Niederrimsinger Gemarkung bedeuten würden.
Und in der immer größere Bedeutung gewinnenden Frage der Energiewende wäre es wünschenswert, wenn im kommenden Jahr konkrete Aussagen zur Windhöffigkeit und möglichen Nutzung der Geothermie auf dem Gebiet der Gemarkung Breisach gemacht werden könnten.
Zu einer Entscheidung sollte möglichst schnell auch die doch schon länger auf Halde liegenden Anliegen zum Thema „autofreie Innenstadt an Sonntagen“ und die Aufstellung einer Gestaltungssatzung für die Innenstadt geführt werden.
Während in unseren bisherigen Ausführungen tendenziell eher die Forderung nach möglichst zeitnahen Lösungen herauszuhören war, wollen wir abschließend beim Thema Touristik-Wirtschaftsförderung GmbH durchaus für eine gewisse Entschleunigung plädieren. Man kann sich sehr gut ausmalen, welche große Bedeutung diese Gesellschaft für die Zukunft unserer Stadt haben kann. Aber wir sind der Auffassung, dass wir den Start dieser Gesellschaft nicht mit zu großen Erwartungen belasten sollten. Wenn wir uns im kommenden Spätsommer wieder auf dem Weinfestgelände zum Feiern einfinden können, weil diese Gesellschaft diese erste Aufgabe gut gemeistert hat, dann können wir auf jeden Fall schon einmal sehr zufrieden sein und daraus dann die Motivation ziehen, weitere zukunftsorientierte Projekte in Angriff zu nehmen.
Am Schluss unserer Ausführungen steht ein herzliches Dankeschön an die Verwaltung für die in einer weiterhin schwierigen Zeit geleistete Arbeit, an der Spitze Herrn Bürgermeister Oliver Rein. Ein ganz besonderer Dank auch an unseren Kämmerer Herrn Martin Müller mit seinem Team sowie an die Dezernenten und alle Bediensteten der Gemeindeverwaltung, vor allem auch für die gute Zusammenarbeit und dem stets offenen und freundlichen Miteinander. Dem Haushalt für das Jahr 2023, dem Wirtschaftsplan des städtischen Wasserwerks, der Stadtbau Breisach sowie dem des Spitalfonds Breisach stimmt die SPD-Fraktion zu.